Paare mit unerfülltem Kinderwunsch brauchen mehr Unterstützung in Rheinland-Pfalz

 

Positionspapier der Initiative Kinderwunsch Rheinland-Pfalz,
Januar 2011

 

Die Leiter unserer fünf Kinderwunschzentren in Rheinland-Pfalz sind besorgt, dass die Tragweite des Problems Kinderlosigkeit bei den Gesundheits- und Familienpolitikern im Lande – teilweise auch bei den betroffenen Paaren – weitgehend unbekannt ist.

 

Rheinland-Pfalz braucht mehr Kinder

Kinder sind eine Bereicherung jeder Gesellschaft – emotional, sozial wie auch volkswirtschaftlich. Sie müssen mehr denn je in den Mittelpunkt der bevölkerungs- und familienpolitischen Entscheidungen gestellt werden. Deutschland allerdings steht am Ende der europäischen Geburtenstatistik – Rheinland-Pfalz liegt sogar noch dahinter.

 

1970 waren 16,3 Prozent der Rheinland-Pfälzer unter 10 Jahren und
13,1 Prozent älter als 65 Jahre, 2008 waren es nur noch 8,7 Prozent bei den bis zu 10jährigen und bereits 20,5 Prozent bei den über 65jährigen Rheinland-Pfälzern.

 

Die allseits bekannten familienpolitischen Bekenntnisse und Ankündigungen müssen endlich in die Tat umgesetzt werden: Frauen, die schwanger oder Mütter sind, verdienen höchste gesellschaftliche Anerkennung und Förderung. Ihnen muss die Möglichkeit gegeben werden, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Hierzu gehört die Kinderbetreuung in den Unternehmen und bei anderen Arbeitgebern ebenso wie die entsprechende Bereitstellung und Finanzierung von Krippen und Horten. Einer der wichtigsten Gründe, warum junge Paare ihren Kinderwunsch nicht realisieren, ist die sich daraus ergebende finanzielle Unsicherheit – Kinder werden noch immer als Verarmungsrisiko gesehen.

 

Umso mehr muss den Paaren geholfen werden, die ungewollt kinderlos sind und sich ein Kind wünschen.


25.000 Paare in Rheinland-Pfalz erwarten Hilfe

Kinderwunsch, der sich auf natürlichem Weg nicht erfüllt, ist in Deutschland weit verbreitet. Etwa jedes siebte Paar ist davon betroffen – für Rheinland-Pfalz bedeutet das etwa 25.000 Paare, die Hilfe brauchen.


Bei 85 Prozent der Paare liegt eine organische Störung vor, die die Kinderlosigkeit bedingt. Die meisten Paare sind also körperlich betroffen und können in vielen Fällen nichts für ihr Unvermögen. Unserer Ansicht nach liegt definitionsgemäß also eine Krankheit zugrunde. Dies wird im übrigen auch vom Deutschen Ärztetag und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) so gesehen.

 

Mehr Information und Aufklärung

Wir kennen die Situation der betroffenen Paare sehr gut. Jedes Jahr führen wir in unseren Zentren etwa 30.000 Beratungen und Gespräche durch. Nach wie vor entdecken wir eine erschreckende Unkenntnis in Sachen Unfruchtbarkeit und gleichzeitig enorme Angst, darüber zu reden.

 

Deshalb fordern wir eine gezielte und ehrliche Information und Aufklärung:

  • das Thema „Kinderwunsch – eingeschränkte Fruchtbarkeit“ muss Bestandteil der Aufklärung und Familienplanung in Schulen und Beratungsstellen sein,
  • über die Gründe für die Unfruchtbarkeit des Mannes gilt es ebenso offen zu sprechen wie darüber, dass
  • die Schwangerschaftschancen der Frauen ab dem 35. Lebensjahr dramatisch abnehmen.
  • Insgesamt gilt: das Thema Unfruchtbarkeit muss raus aus der Tabuecke und es ist auch kein Luxusproblem wohlhabender Spätgebärender.

     

    Politik und Krankenkassen flüchten aus ihrer Verantwortung

    Viele der betroffenen kinderlosen Paare fühlen sich stigmatisiert und „in die Ecke gestellt“. Sie werden von den Krankenkassen im Hinblick auf die Kostenübernahme weitgehend ihrem Schicksal überlassen, zunehmend auch von den privaten Versicherern. Seit 2004 werden nur noch drei Zyklen zu 50 Prozent von den gesetzlichen Kassen übernommen, bis dahin waren es noch vier Zyklen zu 100 Prozent. Ein gesetzlich versichertes Paar muss seitdem für einen Behandlungszyklus etwa 1500 Euro aufbringen, für viele Paare zuviel Geld, vor allem bei wiederholten Behandlungen.

     

    2003 wurden in Deutschland etwa 80.000 medizinisch unterstützte Befruchtungen vorgenommen, 2008 waren es noch 45.000 bei sicherlich nicht weniger Betroffenen. Ursache für den Rückgang ist die mangelhafte Unterstützung durch die Krankenkassen, verursacht durch eine Gesetzesänderung, die eine reine Kostenentscheidung war – mit Sicherheit ohne nennenswerte Wirkung auf das Gesundheitswesen. Denn das Gesamtvolumen der Behandlungskosten bei Vollfinanzierung von vier Zyklen würde etwa 0,1 Prozent aller Leistungsausgaben der deutschen Krankenversicherungen pro Jahr ausmachen.

     

    Dabei gilt es zu bedenken: Kinder geben ihren Eltern, Geschwistern und der Gesellschaft insgesamt viel mehr zurück als die erfolgreiche Behandlung eines Kinderwunsches je hat kosten können. Ein menschliches Leben ist mehr wert, als es auf eine pure Kostenfrage zu reduzieren.

     

    Kein Grund für eine Behandlung im Ausland

    Seit vielen Jahren wird sowohl aus Nachbarländern als auch aus Osteuropa massiv um deutsche Paare geworben. Dabei werden offensichtlich Statistiken geschönt und Erfolgsquoten künstlich nach oben geschraubt.

     

    Internationale Spitzenmedizin in Rheinland-Pfalz nutzen

    Wir möchten und können rheinland-pfälzischen Paaren in Rheinland-Pfalz helfen. Wir beraten und behandeln sicher, umfassend, wohnortnah und sanft. Etwa 6.000 Mal therapieren wir hierzulande.

     

    Und im nationalen und internationalen Vergleich liegen wir mit
    35 Prozent erfolgreichen Behandlungen pro Zyklus mit an der Spitze. Mehrlingsgeburten finden bei uns – im Gegensatz zum Ausland – nur noch selten statt. Und nach Beendigung aller therapeutischen Möglichkeiten können wir zu 70 Prozent den Kinderwunsch der Patienten erfüllen.

     

    Die rheinland-pfälzische Regierung muss ungewollt kinderlosen Paaren helfen

    Wir haben uns in der Vergangenheit für eine steuerfinanzierte Unterstützung ungewollt kinderloser Paare eingesetzt. Dabei haben wir aus den Gesprächen mit rheinland-pfälzischen Parlamentariern gelernt, dass die Politik über die Parteigrenzen hinweg nicht bereit und in der Lage ist, einen solchen Weg zu gehen und zu finanzieren.

     

    Deshalb ist es nunmehr um so wichtiger, ungewollte Kinderlosigkeit mit vorbeugenden und gesundheitsfördernden Maßnahmen, mit Prophylaxe und Prävention zu thematisieren, zu verhindern und rechtzeitig zu behandeln.

     

    Das ist eine gemeinsame Aufgabe der Gesundheits- und Familienpolitik und der Reproduktionsmedizin in Rheinland-Pfalz. Dazu gehören vor allem die rechtzeitige Information und Aufklärung der Jugendlichen in Schule, beruflicher Ausbildung oder Beruf und der jungen Paare und Familien sowie eine offensive Information der Bürgerinnen und Bürger.

     

    Die „Initiative Kinderwunsch Rheinland-Pfalz“ möchte gemeinsam mit den Gesundheits- und Familienpolitikern in Rheinland-Pfalz eine solche gezielte und konzertierte Aktion anstoßen, planen und realisieren – damit noch mehr Wunschkinder in unserem Lande geboren werden.


     

     

     

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